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Social-Media-Blindness

„Gefällt mir“ ist Website-Usern egal
Markus Bockhorni
| 24.05.2018

Bewertungen sind für Social Media unerlässlich. Auf Websites werden „Gefällt mir“-Angaben aus Social-Media-Plattformen jedoch kaum wahrgenommen. Auch haben sie keinen positiven Einfluss auf Entscheidungen der User. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Eye-Tracking-Studie des Start-ups EYEVIDO und der eMBIS Akademie für Online Marketing.

Kaum Views. Keine Wirkung.

Social Media-Plattformen wie Facebook oder TripAdvisor bieten Websitebetreibern an, „Gefällt mir“-Angaben auch in die entsprechenden Corporate Websites zu integrieren. So können Website-Besucher sehen, wie Fans und Nutzer Dienstleistungen oder Produkte bewerten und sich diese Inhalte für ihre Entscheidungen zunutze machen. Soweit die Theorie.

Gefällt Mir-Angaben von Facebook und TripAdvisor

Doch beeinflussen Likes & Co. die Besucher von Websites auch in der Praxis? Dieser Frage sind EYEVIDO und die eMBIS Akademie für Online Marketing mittels Eye-Tracking nachgegangen.

Das Eye-Tracking-Verfahren zeichnet anhand der Blickbewegungen der Probanden auf, welche Punkte auf dem PC-Bildschirm wie lange und wann fixiert werden. Im Anschluss an diese technische Analyse wurden die User zusätzlich befragt.

Kernaussagen der Studie

  • Zirka 30 % der Probanden betrachteten Likes und Bewertungen nicht.
  • Weitere 30 % nahmen diese Bewertungen nicht wahr und konnten sich in der Befragung nicht daran erinnern.
  • Die jeweiligen Websiteangebote wurden aufgrund der Social-Media-Angaben nicht positiver bewertet.

Aufbau der Studie

Insgesamt 20 Teilnehmer hatten die Aufgabe, acht Startseiten hinsichtlich der jeweiligen Angebote und Besonderheiten zu betrachten. Anschließend wurden die Probanden befragt, ob und wie gerne sie sich für die einzelnen Angebote entscheiden würden. Zur Betrachtung standen die Corporate Websites von drei Restaurants, zwei Dienstleistern für Teamevents, einem Café, einem Zoo und einem Logistikunternehmen.

Die Teilnehmer wurden im Studienverlauf in zwei Gruppen eingeteilt:

  1. Gruppe 1 wurden die Startseiten im Original mit eingebetteten Social-Media-Bewertungen aus Facebook und TripAdvisor gezeigt.
  2. Gruppe 2 bekam dieselben Startseiten, jedoch ohne die „Gefällt mir“-Angaben zu sehen.

Beispiel:

Zwei Versionen derselben Website, jeweils mit und ohne Gefällt Mir-Anzeige.
Links: Originalwebsite des Restaurants SauBar mit Social Media-Feedback. Rechts: Manipulierte Website ohne Social Media-Feedback.

Ergebnis des Eye-Trackings

In einem ersten Schritt betrachteten die Probanden die jeweiligen Startseiten. Dabei wurden die Fixationen aufgezeichnet und die Verweildauer gemessen. Diese lag pro Website lag bei rund 48 Sekunden.

Das Eye-Tracking-Ergebnis:

  • Rund 30 % der gemessenen Blickverläufe zeigten, dass die Feedback-Elemente nicht betrachtet oder nur kurz gestreift wurden.
  • Wurden die Likes und Bewertungen wahrgenommen, dann durchschnittlich erst nach 25 Sekunden bei einer Gesamtverweildauer von rund 48 Sekunden.
  • Die durchschnittliche Betrachtungszeit der Feedback-Elemente betrug etwas über zwei Sekunden.

Beispiel:

Heatmap eines Teilnehmers mit einer Fixationsdauer von 2,2 Sekunden auf der TripAdvisor-Bewertung.
Heatmap eines Teilnehmers mit einer Fixationsdauer von 2,2 Sekunden auf der TripAdvisor-Bewertung.

Ergebnis der Befragung

Die Befragung bestand aus drei Teilen.

  1. Zunächst wurden die Teilnehmer um eine Antwort auf die Frage: „Spielt dass Social Media-Feedback bei der Bewertung eines Angebots für Sie eine große Rolle?“ gebeten.
    Alle Probanden haben diese Frage mit „Ja“ beantwortet.
  2. Anschließend wurden die Probanden gefragt, ob sie die auf der letzten Startseite integrierten Social Media-Bewertungen wahrgenommen hätten. Das Ergebnis:
  • 30 % hatten die Bewertungen nicht wahrgenommen.
  • 0 % war sich nicht sicher, ob es Bewertungen gab.
  • 40% hatten die Bewertungen wahrgenommen.

Diese Antworten decken sich mit dem Ergebnis der Eye-Tracking-Daten: Probanden, die sich an Bewertungen nicht erinnern konnten oder diese nicht wahrgenommen hatten, hatten das Social Media-Feedback nachweislich nicht fixiert. Die Blickpfade des Eye-Tracking-Verfahrens differenzieren beide Auswertungen deutlich voneinander.

Zur Veranschaulichung hier die Blickpfade und das Feedback zweier Teilnehmer: Kreise bezeichnen die Fixationen, Zahlen die Reihenfolge der Fixation.

Eyetracking-Reihenfolge und Verweildauer bei der Website-Betrachtung einer Probandin: Das Gefällt Mir-Element wurde wahrgenommen.
Teilnehmerin weiblich, 22 Jahre: Befragungsergebnis: „Ja, die Bewertungen sind mir aufgefallen“. Eye-Tracking-Ergebnis: Mehrere Fixationen auf den TripAdvisor-Bewertungen.
Eyetracking-Reihenfolge und Verweildauer bei der Website-Betrachtung eines Probanden. Das Gefällt Mir-Element wurde nicht wahrgenommen.
Teilnehmer männlich, 36 Jahre: Befragungsergebnis: „Nein, die Bewertungen sind mir nicht aufgefallen“. Eye-Tracking-Ergebnis: Keine Fixationen auf den Bewertungen.
  1. Im Anschluss an die Betrachtung der jeweiligen Startseite wurden alle Probanden gefragt, ob sie die jeweiligen Angebote wählen würden. Das Ergebnis: Eine positive Beeinflussung der Testpersonen aufgrund des sichtbar eingebetteten Social-Media-Feedbacks konnte nicht festgestellt werden. So waren beispielsweise viele Facebook-Likes auf einer Restaurant-Website für die Teilnehmer kein Grund dort bevorzugt zum Essen zu gehen.

Fazit: „Gefällt mir“-Angaben auf Websites sind wirkungslos

Angelehnt an die Banner-Blindness, also dem Effekt der Ausblendung von Werbeanzeigen durch den Websitebesucher, zeigt die Studie eine Social Media-Blindness: Websitebesucher nehmen Social Media Bewertungen kaum oder gar nicht wahr, erinnern sich nicht einmal daran, diese gesehen zu haben und lassen sich in ihrer Entscheidungsfindung nicht von einem Social Media-Feedback beeinflussen.

Author

Markus Bockhorni
Markus Bockhorni ist Gründer und Trainer der eMBIS Akademie für Online Marketing. Seine Spezialgebiete sind seit mehr als 10 Jahren die Suchmaschinenoptimierung und die Web Analyse. In seinen zahlreichen Fachbeiträgen beleuchtet er Trends im Online Marketing fundiert und auch kritisch. Dadurch gilt er bei seinen Lesern wie Seminarteilnehmern als ebenso glaubwürdiger wie kompetenter Experte.